„Um unsere Innenstadt für alle erreichbar und erlebbar zu machen, erwarten wir grundlegende Korrekturen am vorliegenden Mobilitätskonzept“, erklärt der Vorsitzende der SPD-Ratsfraktion, Lars Kelich, zum Beschluss der Fraktion vom gestrigen Dienstagabend.

„Wir fordern deshalb eine Neufassung des Konzeptes, in deren Erarbeitung zentrale Interessenvertretungen der verschiedenen Akteur*innen in der City einbezogen werden.“

Die SPD stehe für eine Innenstadt, die niemanden zurücklasse, die sozial wie wirtschaftlich erfolgreich sei, von allen Menschen jederzeit gut erreicht werden könne, Sicherheit und Erlebnis gleichermaßen garantiere und langfristig emissionsfrei, nachhaltig und finanzierbar sei. Auf diese Eckpunkte ziele der Antrag, den die SPD-Fraktion am Dienstagabend beschlossen habe, erläutert Kelich.

Die verschiedenen Interessen der unterschiedlichen Milieus, Schichten und Altersgruppen, der Wirtschafts- wie auch der Sozialverbände, aber auch der Menschen aus Hannovers Umland könnten nur angemessen berücksichtigt werden, wenn zunächst das Netzwerk Innenstadt gegründet werde, so Kelich: „Dieses hätte als Leitprojekt 1 aus dem Innenstadt-Konzept, das der Rat vor einem Jahr verabschiedet hatte, ohnehin dem Mobilitätskonzept vorgeordnet werden müssen.“

Für die SPD stünden Fußverkehr, öffentlicher Personennahverkehr und Radverkehr in dieser Reihenfolge an erster Stelle in einem Mobilitätskonzept; der Kfz-Verkehr sei dem nachgeordnet, müsse aber mit bedacht werden. „Gerade für Menschen, die aus medizinischen Gründen in die Innenstadt müssen oder in ihrer Mobilität eingeschränkt sind, muss die Möglichkeit bestehen bleiben, mit dem Auto anzureisen“, unterstreicht der Fraktionsvorsitzende: „Hierfür wie auch für die notwendigen Wirtschaftsverkehre in die Innenstadt dürfen wir zudem die Leistungsfähigkeit des Cityrings nicht einschränken.“ Für Anreisende aus dem Umland müssten der ÖPNV und Park+Ride-Angebote ausgebaut werden.

Um eine vielfältige Nutzung und eine dauerhafte Belebung der City zu garantieren, müssten Konzepte dafür entwickelt werden, wie die freiwerdenden Flächen in der Innenstadt künftig „bespielt“ würden. „Dabei wollen wir auch dafür sorgen, dass Rettungs- und Sicherheitskräfte die Innenstadt schnell anfahren und befahren können“, fährt Lars Kelich fort: „Und selbstverständlich dürfen in der Innenstadt keine Angsträume entstehen.“ Auch deshalb müssten Polizei und Rettungsdienste einerseits wie auch andererseits die Träger sozialer Einrichtungen in und am Rande der City in den Dialog über das Mobilitätskonzept einbezogen werden.

Dass dessen Erarbeitung einige Zeit erfordern werde, sei der SPD-Fraktion bewusst. „Wenn Hannovers Innenstadt eine Zukunft als Innenstadt für alle haben soll, dann müssen wir uns aber diese Zeit nehmen“, so Kelich, „und wir müssen diejenigen berücksichtigen und einbeziehen, die diese Zukunft sicherstellen: die Menschen aus Stadt und Region, die Wirtschafts- und Gewerbeverbände, die sozialen Interessenvertretungen sowie alle, die in der City leben und arbeiten, die dort einkaufen oder Kultur und Freizeit genießen wollen.“

Diesen Ansprüchen werde das vorliegende Mobilitätskonzept noch nicht gerecht, unterstreicht der Fraktionsvorsitzende: „Auch wenn das Konzept wichtige und richtige Anknüpfungspunkte bietet, erwarten wir, dass diese Vorlage zurückgezogen und ein neues Mobilitätskonzept erarbeitet und gemeinsam mit den Ratsfraktionen beraten wird.“ Auf diese Weise ließe sich eine breite Akzeptanz für dieses neue Konzept erzielen und die notwendige Unterstützung bei dessen Umsetzung sichern.

Die Forderungen aus dem Beschluss im Einzelnen

Die Verwaltung wird beauftragt, das vorgelegte Konzept zum Zwecke der Erstellung einer Neufassung zurückzuziehen. Für die finale Absprache zur Neufassung wird – im Sinne eines Hannover-Paktes für die zukunftsgerechte Entwicklung der Innenstadt – eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe der Verwaltung gemeinsam mit den Ratsfraktionen eingerichtet.

Das Mobilitätskonzept für die Innenstadt richtet sich an folgenden Kriterien aus:

Sie lässt niemanden zurück.

Sie ist gleichzeitig sozial und wirtschaftlich erfolgreich.

Sie kann jederzeit gut erreicht werden.

Sie kombiniert angemessen Sicherheit und Erlebnis.

Sie ist emissionsfrei, nachhaltig und finanzierbar.

Im Vorfeld der Erstellung der Neufassung wird die Verwaltung beauftragt, an den vorgenannten Kriterien orientierend mindestens folgende Anforderungen zu erfüllen:

  1. Erarbeitung eines Konzeptes zu mehr Teilhabe und Erlebbarkeit der Innenstadt für unterschiedliche Milieus, soziale Schichten und Altersgruppen,
  2. Einbindung der Region Hannover und Einholung von Einschätzungen zur Mobilität in der Innenstadt der Umlandkommunen über die Region,
  3. Einbindung von Sozialverbänden, Ärztehäusern, Ärzteverbänden, Sozialwirtschaft, KVN, Krankenkassen, Gesundheitsversorgung, Pflegediensten, Seniorenbeirat, Behindertenverbänden, Jugendverbände, migrantische Interessenvertretungen und Verbände und sozial Engagierten zum Mobilitätskonzept Innenstadt,
  4. Entwicklung einer „Marke“ oder eines „Claims“ für die Innenstadt, die gleichermaßen identitätsstiftend und einprägsam ist, unter Einbeziehung der Hannover Marketing und Tourismus GmbH – im Anschluss Einbettung des Mobilitätskonzepts in diese „Marke“ / diesen „Claim“,
  5. Entwicklung eines Konzeptes für Wirtschaftsverkehre in der Innenstadt gemeinsam mit Handwerkskammer, Industrie- und Handelskammer, Kreishandwerkerschaft, City-Gemeinschaft, Handelsverband, DEHOGA sowie GVN,
  6. Gründung eines Netzwerks Innenstadt (Leitprojekt 1) und intensiver Dialog zur Belebung und Nutzung des öffentlichen Raums mit Gewerbetreibenden, Gastronomie und wirtschaftlichen Interessenverbänden in der City – im Anschluss Vorlage der Ergebnisse für die Ratsgremien und Einarbeitung in das Mobilitätskonzept.

Für die Erstellung der Neufassung des Mobilitätskonzeptes wird die Verwaltung beauftragt, mindestens die folgenden Punkte aufzunehmen, bzw. zu bearbeiten:

  1. Abbau bestehender Barrieren im Sinne der fußverkehrsfreundlichen Innenstadt und Verhinderung der Entstehung neuer Barrieren durch andere Verkehrsträger,
  2. Wo immer möglich, bauliche Trennung von Fuß- und Radverkehr – in gemeinsam genutzten Bereichen (Aufeinandertreffen der Verkehrsträger) Vorrang für den Fußverkehr,
  3. Erhalt von noch vorhandenen Parkflächen im öffentlichen Raum im Umfeld von sozialen und gesundheitlichen Einrichtungen sowie das Einplanen von Taxi-Haltepunkten und Stationen für Senioren-Shuttles in der Nähe eben dieser,
  4. Entwicklung einer Kampagne zur stärkeren Bewerbung von Parkerleichterungen für Menschen mit Beeinträchtigungen, die keinen Behindertenparkausweis besitzen (z.B. durch den orangenen Parkausweis für schwerbehinderte Menschen und gleichgestellte Personen),
  5. Prüfung einer Einführung des gelben Parkausweises in Zusammenarbeit mit dem Land Niedersachsen analog zu den Regelungen in Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und Rheinland-Pfalz,
  6. Erarbeitung von Lösungen mit betroffenen Gewerbetreibenden vor und während der Umbaumaßnahmen in der City sowie Einbindung der Betroffenen im Planungsprozess der einzelnen Bereiche,
  7. Abstimmung der einzelnen Maßnahmen im Hinblick auf den „Zukunftsplan Handwerk“,
  8. Abstimmung des Mobilitätskonzepts Innenstadt mit den Spitzen der Region Hannover und der Üstra, um eine gemeinsame Strategie zu fahren,
  9. Erhalt der bestehenden Vorrangschaltung für den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV),
  10. Plan zum Ausbau von P+R inklusive Umsetzungsperspektive und eine Abstimmung mit der Region Hannover über ein mögliches Kombiticket mit dem ÖPNV,
  11. Berücksichtigung der Pläne der DB (z.B. Bau der Gleise 15 / 16) und des GVH im Verkehrskonzept,
  12. Erhalt und die Stärkung der Leistungsfähigkeit des Cityrings für PKW und LKW - insbesondere an den Knotenpunkten (Einmündungen und Kreuzungen) Entwicklung von Maßnahmen zur besseren Verkehrssteuerung,
  13. Prüfung einer Bus-Ringlinie auf dem City-Ring im Rahmen der Stadtbus-Pläne gemeinsam mit der Region Hannover,
  14. Neue Querungen des Cityrings nur unter der Bedingung, dass sie ohne Lichtsignalanlagen auskommen und den Verkehrsfluss auf dem Cityring nicht beeinträchtigen,
  15. Erhalt der Parkflächen in den Bereichen der Innenstadt, in denen vorwiegend gewohnt wird – gegebenenfalls, auf entsprechenden Beschluss des Stadtbezirksrates, Bevorzugung der Nutzung durch die Bewohner*innen durch sogenanntes Bewohnerparken,
  16. Überprüfung der neu vorgeschlagenen Verkehrsführung im Bereich Goethestraße – Marstall – Schmiedestraße für sechs Monate nach ihrer Einrichtung – bei anhaltenden Verkehrsproblemen und Problemanzeigen durch Anlieger Veränderung der Verkehrsführung, die auch die Wiederöffnung der Schmiedestraße (z. B. als Einbahnstraße) miteinschließt,
  17. Offenhaltung der Münzstraße in Richtung Goseriede als Einbahnstraße,
  18. Sicherstellung der Erreichbarkeit für Rettungsdienste, Feuerwehr, Polizei, sowie Ver- und Entsorgungsunternehmen durch Einholen von Stellungnahmen und Aufnahme derer Bedürfnisse in das Verkehrskonzept,
  19. Dialog mit den Sicherheitsbehörden im Vorfeld des Umbaus und eine konkrete Abstimmung der Maßnahmen zur Vermeidung von Angsträumen,
  20. Konkrete Abstimmung der Maßnahmen zur Vermeidung von Angsträumen mit sozialen Trägern, Kommunalem Präventionsrat und Anlieger*innen,
  21. Zur weiteren Vermeidung von Angsträumen Entwicklung von Beleuchtungskonzepten und Dialog mit Parkhausbetreibern,
  22. Vermeidung neuer Konflikte im Aufeinandertreffen von Fußgänger*innenzonen und City-Radring - im Zweifel Priorisierung des Fußverkehrs,
  23. Nutzung aller Möglichkeiten der Digitalisierung bei der Umgestaltung des öffentlichen Raums,
  24. Zusätzliche Begrünung in den zum Umbau vorgeschlagenen Bereichen,
  25. Stärkung und Attraktivitätssteigerung der städtebaulichen Eingangssituationen in den Bereichen Hauptbahnhof, Ernst-August-Platz und in umliegenden Stadträumen als „Tore zur Innenstadt“,
  26. Massiver Ausbau der Ladeinfrastruktur in der Innenstadt und Vorlage eines Ausbauplans mit Schwerpunkt auf Schnellladestationen,
  27. Für die Umbaumaßnahmen der Innenstadt Einwerbung von Drittmitteln, über die der größte Anteil der Kosten abgebildet werden soll,
  28. Aufzeigen der Möglichkeiten der Kompensation des Verlustes von Parkgebühren durch Wegfall öffentlicher Parkflächen ohne veränderte Beschlusslage des Rates oder der Stadtbezirksräte.

Nach der Erstellung der Neufassung des Entwurfes wird die Verwaltung beauftragt, die Drucksache zur Beschlussfassung in alle 13 Stadtbezirksräte, sowie die zuständigen Ratsgremien zu entsenden. Zudem wird die Verwaltung beauftragt, niedrigschwellige Bürger*innenbeteiligungen für die gesamte Stadt zu den Maßnahmen des Mobilitätskonzepts Innenstadt analog zu den vom Rat beschlossenen Leitlinien zur Verstetigung der Bürger*innenbeteiligung durchzuführen.