Fragen der Sicherheit, Sauberkeit und Ordnung standen im Mittelpunkt der zweiten Veranstaltung zu „Hannover – Innenstadt der Zukunft“, die SPD-Ratsfraktion und -Stadtverband gemeinsam ausrichten. Dabei wurde deutlich, dass Sicherheit mehr ist als Ordnungspolitik.

Innensenator Ulrich Mäurer das Sicherheitskonzept rund um Bremens Hauptbahnhof vor.
Innensenator Ulrich Mäurer das Sicherheitskonzept rund um Bremens Hauptbahnhof vor.

Mehr als 80 Teilnehmende diskutierten unter der Moderation von Bürgermeister Thomas Hermann. Bremens Innensenator Ulrich Mäurer skizzierte, welche Maßnahmen die Hansestadt mit Erfolg umgesetzt hat, um die Aufenthaltsqualität des Quartiers zwischen Weser und Hauptbahnhof zu steigern. Dazu gehörten neben einer Sicherheitspartnerschaft von Polizei und Ordnungsdiensten sowie konsequenter Reinigung vor allem die Einbindung der „zivilgesellschaftlichen Seite“: von Sozialarbeit und Nachbarschaftsinitiativen. Trotz der Erfolge sei dies „eine Daueraufgabe“, die aber inzwischen auf ein benachbartes Quartier übertragen worden sei.

Hannovers Polizeipräsident Volker Kluwe betonte, dass Sicherheit eine Gemeinschaftsaufgabe sei – nicht nur unter den ordnungspolitischen Akteuren. Die Betroffenen, insbesondere die Nachbarschaft, müssten in solche Dialoge eingebunden werden, etwa über Sicherheitskonferenzen oder Stadtteilbegehungen. Dies entspreche auch dem Wechsel von einer Fokussierung auf „Hotspots“ zu einer „Raumorientierung“. Dem entspreche eine neue Strategie bei der Sicherheitsprävention zu Beteiligung, zu Beratungs- und Hilfsangeboten.

Dass Sicherheit nicht allein durch Ordnungspolitik, sondern einher gehe mit Sauberkeit und städtebaulichen Konzepten, unterstrich auch Hannovers Ordnungsdezernent Axel von der Ohe: „Die Herstellung von Sicherheit bedeutet einerseits Sichtbarkeit“, also Präsenz der Ordnungsbehörden, und andererseits ein „Sauberkeitsversprechen“, das der Abfallwirtschaftsbetrieb sehr gut umsetze. Dialoge, wie dieser seien wichtig, „um die unterschiedlichen Perspektiven auszutauschen und auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen.“

Durch die verstärkte Nutzung des öffentlichen Raumes, die sehr zu begrüßen sei, vor allem aber durch den Einwegmüll im Zuge der Corona-Pandemie, nehme auch die Vermüllung zu, erläuterte Mathias Quast vom Abfallwirtschaftsbetrieb aha. Neben der Reinigung und der Sanktionierung von illegalem Müll (sogenanntes „Littering“) seien Müllvermeidung und Umweltbildung wichtige Bausteine des Konzeptes „Hannover sauber!“, das der Rat vor zwei Jahren verabschiedet hat.

„Sicherheit, Sauberkeit, Ordnung verträgt sich offenbar nicht mit der Armut, die gerade im Umfeld des Bahnhofs sichtbar ist“, führte Gabriele Schuppe von der Arbeiterwohlfahrt aus. Dies sei kein Ergebnis von mangelnder Sicherheit oder Sauberkeit, sondern von „Lücken in unserem Sozialsystem“. Die Armut dürfe nicht einfach verwaltet werden, sondern die Betroffenen bedürften der Ansprache: „Ausgrenzung ist kein sozialpolitischer Ansatz.“ Konzepte, wie „Housing first“, zur Unterbringung Obdachloser müssten dringend umgesetzt werden. Kritisch betrachtete Schuppe die Idee eines „Hauses der Prävention“, sofern dies nicht in erster Linie als Hilfsangebot für soziale Randgruppen angelegt sei.

Die Notwendigkeit weiter Bevölkerungsgruppen in die Sicherheitsprävention unterstrich Frederick Groeger-Roth vom Landespräventionsrat. Gerade die Unzufriedenen hätten in den entsprechenden Gremien oft keine Stimme und müssten deshalb über örtliche Begehungen oder Sicherheitsdialoge eingebunden werden, da die unterschiedlichen Perspektiven innerhalb der Gesellschaft sonst nicht wahrgenommen würden.

Der ordnungspolitische Sprecher der SPD-Ratsfraktion, Jens Menge, betrachtete ein „Haus der Prävention“ als Chance, Sozial- und Ordnungspolitik miteinander zu verbinden. Sofern es gelinge, dieses „Haus der Prävention“ rund um die Uhr in erster Linie als Hilfs-, Beratungs- und Gesprächsangebot zu etablieren und dort zugleich eine Präsenz der Ordnungskräfte zu sichern. Menge betonte zugleich, dass eine Stärkung des Kommunalen Präventionsrat, wie sie die SPD im Auge habe, genau die unterschiedlichen Perspektiven der zivilgesellschaftlichen Akteure wie auch der Fachleute aus Sozial- und Ordnungspolitik zusammenzuführen. Auf diese Weise könnten kriminalpräventive Aspekte in die Stadtentwicklung, aber auch in die Jugend- oder die Bildungspolitik einfließen.

Kritische Anmerkungen zur Sauberkeit nahm Mathias Quast ebenso auf wie verschiedene Anregungen zur Verbesserung des Stadtbildes. Der aha-Abteilungsleiter kündigte verbesserte Reinigungsstandards für zentrale Bereiche der Stadt und verschiedene innovative Vorhaben an, die in nächster Zeit erprobt werden sollen, darunter die Ausweitung des „Hannocino“-Mehrwegsystems und „smarte Abfallbehälter“.

Den Vorwurf, der städtische Ordnungsdienst grenze Randgruppen aus, wies Axel von der Ohe zurück. Vielmehr vollzögen die Beschäftigten eine Gratwanderung zwischen helfender Ansprache und ordnungspolitischer Sanktion – beides sei notwendig, und dabei agierten sie nur als einer von verschiedenen Akteuren mit unterschiedlichen Aufgabenbereichen. „Schwarz-Weiß-Bilder helfen da nicht weiter“, unterstrich ebenfalls Ulrich Mäurers Referent Jens Körber auch mit Blick auf die Zuwanderung aus den EU-Staaten Südosteuropas: „Wir müssen Sozial- und Ordnungspolitik zusammendenken, doch dürfen dabei die Kommunen nicht alleingelassen werden.“

Bedeutung wie auch Erfolg dieser Verbindung erkenne man sowohl mit Blick nach Bremen als auch darauf, was in den letzten Jahren durch den Rat und die Verwaltung der Landeshauptstadt auf den Weg gebracht hätten, erklärte Moderator Thomas Hermann abschließend. In Anlehnung an den Bremen Innensenator stellte er heraus, diese Verbindung sei das wesentliche Merkmal sozialdemokratischer Sicherheitspolitik.