SPD-Fraktion im Rat der Landeshauptstadt Hannover
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Rat der Landeshauptstadt Hannover
FDP-Fraktion im Rat der Landeshauptstadt Hannover
Gruppe DIE LINKE & PIRATEN im Rat der Landeshauptstadt Hannover

In den

  • Finanzausschuss
  • Verwaltungsausschuss

In die

  • Ratsversammlung

05.11.20

Antrag
gemäß § 34 der Geschäftsordnung des Rates der Landeshauptstadt Hannover

Antisemitischen Hassbotschaften entschlossen entgegentreten

zu beschließen:

Der Rat der Stadt Hannover verurteilt die Relativierung des Holocausts durch die missbräuchliche Verwendung des gelben Sterns mit der Inschrift „ungeimpft“, den Teilnehmer*innen der sogenannten Hygienedemonstrationen auf ihre Kleider heften, um so z.B. das Tragen einer Alltagsmaske mit der Verfolgung von Mitbürger*innen jüdischen Glaubens während der Nazizeit gleichzusetzen.

Der Rat der Landeshauptstadt Hannover bittet die Polizeidirektion Hannover um Prüfung, unter welchen Voraussetzung das Tragen von gelben Sternen verboten bzw. als Verstoß gegen die geltenden Versammlungsbestimmungen gewertet werden kann.

Darüber hinaus ist von gleicher Stelle zu prüfen, wie die Verbreitung antisemitischer Hassbotschaften bei sogenannten Hygienedemos und anderen Veranstaltungen in Hannover, die sich gegen staatliche Präventionsmaßnahmen zur Verhinderung der massenhaften Infizierung mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 richten, geahndet und mit einem Bußgeld belegt werden kann.

Begründung:

Bei Versammlungen gegen die staatlichen Pandemie-Präventionsmaßnahmen sind zunehmend antisemitische Tendenzen zu erkennen. So trugen jüngst auch in Hannover Teilnehmerinnen und Teilnehmer gelbe Sterne mit der Inschrift „Ungeimpft". Auf einem anderen gelben Stern war die Inschrift „Impfen macht frei" zu lesen, eine Anspielung auf den zynischen Spruch „Arbeit macht frei" an den Toren des nationalsozialistischen Arbeits- und Vernichtungslagers Auschwitz. Auf einem Demo-Plakat wurde die „Endlösung der Corona-Frage" gefordert. Die gelben Sterne lehnen sich in Aufmachung und Gestalt an die Judensterne an, die von Nazi-Deutschland aufgezwungene Kennzeichnung für Jüdinnen und Juden, bevor diese millionenfach umgebracht wurden. Ein Teilnehmer trug ein T-Shirt mit dem Bildnis von Anne Frank, jenem jüdischen Mädchen, das die Nazis ins niedersächsische Vernichtungslager Bergen-Belsen verschleppten, wo sie starb.

Gleichermaßen widerwärtig ist ein in Hannover verbreiteter Aufkleber, der die Gesichter des Virologen Christian Drosten und des Nazi-Arztes Josef Mengele nebeneinander zeigt, versehen mit dem Spruch „Trust me, I'm a doctor". Historiker*innen weisen darauf hin, es sei ein sehr alter Topos, dass Jüdinnen und Juden Schuld an Krankheiten tragen sollen. Im Mittelalter wurde zum Beispiel die jüdische Bevölkerung für die Pest verantwortlich gemacht. Der heutige Protest im Rahmen von Corona-Demos greift dieses alte Muster auf.

Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, sieht im Tragen der abgewandelten Judensterne auf den sogenannten Hygienedemos einen „kalkulierten Tabubruch". All diese und andere Provokationen verleugneten die Opfer und deren Leiden. Klein warnt vor der zunehmenden Verbreitung judenfeindlicher Verschwörungsthesen in der Corona-Krise. Er hat Staat und Bürger*innen dazu aufgefordert, diesen antisemitischen Tendenzen „mit aller Macht" entgegenzutreten.

Die Landeshauptstadt München hat diesen Appell Ende Mai 2020 aufgegriffen und u.a. das Tragen von gelben Sternen bei Corona-Versammlungen verboten. Der weltoffenen Landeshauptstadt Hannover stünde gut zu Gesicht, diesem Beispiel zu folgen.

Lars Kelich
Fraktionsvorsitzender

Dr. Elisabeth Clausen-Muradian

stellv. Fraktionsvorsitzende

Wilfried H. Engelke
Fraktionsvorsitzender

Dirk Machentanz

Gruppenvorsitzende