14.04.2020 - Antrag - Resolution "Rettungsschirm für die Kommunen"
SPD-Fraktion im Rat der Landeshauptstadt Hannover
CDU-Fraktion im Rat der Landeshauptstadt Hannover
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Rat der Landeshauptstadt Hannover
DIE LINKE & PIRATEN - Gruppe im Rat der Landeshauptstadt Hannover
FDP-Fraktion im Rat der Landeshauptstadt Hannover
Die FRAKTION im Rat der Landeshauptstadt Hannover
14.04.2020
Antrag gemäß § 10 der Geschäftsordnung des Rates der Landeshauptstadt Hannover
zu beschließen:
Resolution „Rettungsschirm für die Kommunen“
Die Corona-Pandemie stellt die Menschen in großen Teilen der Welt vor schwierige Herausforderungen. Auch in Deutschland gelten weitreichende Einschränkungen des öffentlichen Lebens. Viele Menschen sind in Sorge um die eigene Gesundheit oder um die von Freund*innen und Angehörigen, in Sorge um den Arbeitsplatz oder gar um die wirtschaftliche Existenz.
Alle staatlichen Ebenen arbeiten mit gewaltigen Kraftanstrengungen daran, die Ausbreitung des Virus zu verlangsamen und gleichzeitig den in besonderer Weise Krisen-Betroffenen zu helfen. Gerade den Kommunen kommt dabei eine Schlüsselfunktion zu. Sie leisten die konkrete Arbeit vor Ort, organisieren unbürokratische Unterstützung und sind erste Ansprechpartner*innen für die Menschen. Die Landeshauptstadt Hannover nimmt diese Verantwortung sehr aktiv an und hat kurzfristig umfassende finanzielle Hilfen für die lokale Wirtschaft, für Eltern mit Kindern, deren Betreuungseinrichtungen geschlossen sind und genauso für Zuwendungsempfängerinnen oder auch Menschen ohne Wohnung und Obdach auf den Weg gebracht.
Die Kommunen und damit auch die Landeshauptstadt Hannover werden aber auch von den finanziellen Auswirkungen der Corona-Pandemie massiv betroffen sein. Bereits vor Corona war die Finanzlage vieler Städte und Gemeinden angespannt. Unzweifelhaft haben zwar auch die Kommunen in den vergangenen Jahren von der guten konjunkturellen Gesamtsituation profitiert; ihre strukturelle Unterfinanzierung ist dadurch aber keineswegs aufgelöst. Ein Kassenkreditbestand von rund 35 Mrd. € auf der einen Seite sowie ein Investitionsstau von rund 140 Mrd. € andererseits belegen dies auf beinahe dramatische Weise.
Es ist daher höchste Zeit gewesen, etwa in der von der Bundesregierung eingerichteten Kommission „Gleichwertige Lebensverhältnisse“ gemeinsam mit den kommunalen Spitzenverbänden das Thema der Kommunalfinanzen und hier gerade auch die Frage eines kommunalen Altschuldenschnitts auf die Tagesordnung zu setzen. Diese Diskussion und daraus resultierende Lösungsvorschläge bleiben auch weiterhin dringend erforderlich. Doch damit ist es nicht getan.
Die Kommunen sind die erste Adresse, wenn es darum geht, sozialen Zusammenhalt in diesem Land zu organisieren. Sie müssen dazu auch während und nach der Corona-Krise in der Lage sein. Ohne ein zusätzliches finanzielles Engagement von Bund und Ländern wird dies aber nicht möglich sein. Bund und Länder sind deshalb aufgefordert, rasch zu handeln und einen finanziellen Schutzschirm für die Kommunen aufzuspannen.
Rat und Verwaltung der Landeshauptstadt Hannover halten dafür ein Bündel von finanziellen Maßnahmen notwendig, das mindestens die folgenden Aspekte umfassen sollte:
- Die Gewerbesteuer ist die wichtigste kommunale Ertragsquelle. Die Corona-Pandemie wird zu drastischen Ausfällen bei der Gewerbesteuer führen. Um die daraus resultierenden Belastungen der kommunalen Haushalte jedenfalls abzumildern, sind die Städte und Gemeinden zunächst für das Jahr 2020 von der Pflicht zur Abführung der Gewerbesteuerumlage zu befreien.
- Weit über die Gewerbesteuer hinaus werden die Kommunen in massivem Umfang von Mehraufwendungen bzw. Mindererträgen betroffen sein. Bund und Länder müssen einen Teil dieser coronabedingten Sonderlasten übernehmen. Notwendig ist daher eine Pro-Kopf-Zuweisung an die Städte und Gemeinden. Die Höhe dieser muss berücksichtigen, dass für die kommunale Ebene Einnahmeausfälle in Höhe von 350 € je Einwohner*in nicht unwahrscheinlich sind und bei einem längerdauernden shutdown auch bis zu 500 € pro je Einwohner*in betragen können. Diese Ausfälle sollten mindestens hälftig von Bund und Ländern getragen werden.
- Die aus der Corona-Krise resultierenden Belastungen werden die Investitionsspielräume der Kommunen weiter einengen. Neben Konsum- und Investitionsanreizen für den privaten Sektor ist deshalb auch ein Förderprogramm für kommunale Investitionen erforderlich. Das Programm muss auf einen Zeitraum von mindestens fünf bis zehn Jahren angelegt und mit einem Mindestvolumen von 25 Mrd. € ausgestattet sein. Bedeutsam ist eine bürokratiearme Ausgestaltung, für die das KP II oder grundsätzlich auch das KIP II Vorbild sein könnte, um den Aufwand auf allen staatlichen Ebenen zu minimieren.
- Die Corona-Pandemie führt in vielen Bereichen dazu, dass geplante Projekte unterbrochen werden müssen bzw. überhaupt erst verzögert begonnen werden können. Vielfach sind die Kommunen bei der Finanzierung auf eine Kofinanzierung durch Bund und Land angewiesen. Die Fristen für die Beantragung bzw. Verwendung von Fördermitteln aus bereits bestehenden Töpfen (z.B. Digitalpakt, Förderprogramm Sportstättensanierung, Luftreinhalteprogramm) sind hier unbürokratisch und sinnvoll zu verlängern.
Begründung:
Erfolgt mündlich.
Lars Kelich, Vorsitzender SPD-Fraktion
Jens Seidel, Vorsitzender CDU-Fraktion
Dr. Freya Markowis, Vorsitzende Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
Dirk Machentanz, Vorsitzender Ratsgruppe DIE LINKE & PIRATEN
Wilfried H. Engelke, Vorsitzender FDP-Fraktion
Julian Klippert, Vorsitzender Die FRAKTION